Meine Mutter geht wie immer in den beiden Fluren der Wohngruppe auf und ab. Ich blicke hinter ihr her, und bemerke ihren sehr wackeligen Gang, Das war sonst nicht so. Aber schnell fällt mir auf, dass sie Schuhe mit Absatz trägt, völlig ungewöhnlich. Sind es überhaupt ihre Schuhe?

Ich spaziere mit meiner Mutter in ihr Zimmer, öffne den Kleiderschrank, nehme andere Schuhe heraus. „Nein“, sagt sie „die will ich nicht!“ Ich Versuche, ihr viel zu wortreich klarzumachen, dass die, die sie trägt, wegen der hohen Absätze gefährlich sind. Meine Mutter schüttelt den Kopf.

Im Geiste sehe ich sie mit gebrochenem Knochen im Krankenhaus liegen. Ich äußere meine Sorge. „Macht nichts. Ich gehe nicht ins Krankenhaus“, ist die Antwort. Da wir nebenbei am Tisch Platz genommen haben, beginne ich mit einem anderen Thema, zuversichtlich später mit dem Schuhwechsel Erfolg zu haben. Nach einer Weile stehe ich auf, erzähle dabei weiter, nehme den Fuß meiner Mutter, um nun die Schuhe zu wechseln. „Hilfe! Hilfe!“, schreit sie mehrmals sehr laut. Worte fehlen mir. Ich kapituliere und gehe aus dem Zimmer, um mich von dem Schreck zu erholen. Als ich nach einigen Augenblicken zurückkomme, stoße ich fast mit ihr zusammen. Sie hält mir ihre eigenen Schuhe hin, möchte sie angezogen bekommen ...